In der vegetativen Lebensform sind Bakterien gut durch Desinfektionsmittel zu inaktivieren. Einige Bakterien sind allerdings in der Lage, unter schlechten Bedingungen in eine nicht-vegetative Überdauerungsform zu transformieren. So gehen diese Bakterien bei schlechten Wachstumsbedingungen (u.a. schlechte Verfügbarkeit von Nährstoffen, UV Licht, Hitze) in das Sporenstadium über [1]. Sporenbildende Bakterien bilden dann sogenannte Endosporen aus, die sich durch eine sehr stabile, mehrschichtige äussere Hülle kennzeichnen. Diese ist extrem robust gegenüber äusseren Einflüssen. Dies gibt ihnen die Möglichkeit, viele Jahre zu überdauern. Es gibt Studien, die zeigen, dass Sporen mehrere Jahrhunderte überleben und im Anschluss wieder in eine vermehrungsfähige, vegetative Form zurückkehren können, auch unter sehr aussergewöhnlichen Bedingungen [2].
Nicht alle Bakterien sind in der Lage, Sporen auszubilden. Zu den relevantesten Vertretern der sporenbildenen Keime gehören unter anderem Bacillus subtilis, Bacillus cereaus und auch Clostridioides difficile [3].
Im Reinraum und industriellen Betrieben sind sporenbildende Bakterien eine besondere Gefahr, da die Bedingungen aufgrund der regelmässigen Desinfektion hier per se ungünstig zum Überleben der Bakterien sind und eine Sporulation begünstigen können. Hinzu kommt, dass sporenbildende Bakterien insbesondere auf Böden und in natürlichen Quellen (z.B. Holz) vorkommen. So kann es durch die Zulieferung von Roh-, Werks- und Hilfsstoffen zu einem Eintrag dieser Spezies kommen, die dann unbemerkt über die häufige Kontaktfläche “Boden” verteilt werden kann.
Daher sind Packmittel natürlichen Ursprungs wie Holzpaletten und Kartonagen unbedingt aus dem Reinraum fernzuhalten. Zudem sollte durch ein durchdachtes Hygiene- und Schleusenkonzept eine Übertragung von Sporen und den vegetativen Vertretern verhindert werden. Auch ein gutes Konzept zur regelmässigen Schuhdesinfektion, der Hygiene beim Einschleusen von Trolleys, Rollen und Rädern muss im GMP Bereich sichergestellt sein.
Daher haben sich auch die überwachenden Behörden und die Regelwerke in der Arzneimittelherstellung die zwingende Einführung eines sporiziden Desinfektionsschrittes auf die Fahne geschrieben. So wird dieser Punkt auch zunehmend zu Fokus in Audits der FDA, von Kunden oder der überwachenden Behörde.
So schreibt der aktuelle Entwurf des GMP Annex 1
“More then one type of disinfectant should be employed, and should include the periodic use of a sporicidal agent” [4]
Die Vorgaben in der PIC/S fassen es da noch konkreter:
“Live organisms and spores (where relevant) are prevented from entering non-related areas or equipment. Control measures to remove the organisms and spores before the subsequent manufacture of other products, these control measuresshould also take the HVAC system into account. Cleaning and decontaminationfor the removal of the organism and spores should be validated” [5]
Auch bei der Auswahl des geeigneten Desinfektionsmittels muss eine sporizide Wirksamkeit bedacht werden. Nicht alle Wirkstoffe eignen sich. Alkohole und quaternäre Amminoiumverbindungen haben hier Lücken in der Wirksamkeit, die durch die Verwendung eines sporiziden Desinfektionsmittels geschlossen werden muss.
Geeignet sind Produkte mit Wirkstoffen wie Peressigsäure, Aldehyden sowie Chlor- und Sauerstoffabspaltern.
Anhand einer internen Risikobewertung hinsichtlich der Produktnähe, der Kritikalität und der entsprechenden Einschleuseprozesse sollte eine turnusmässige sporizide Desinfektion in den Hygieneplan eingebaut werden. Dies kann zwischen einer wöchentlichen oder quartalsweisen Desinfektion der Böden, Decken und Wände variieren. Beziehen Sie für einen praxisnahen, risikobasierten Ansatz auch unbedingt die mikrobiologischen Monitoringdaten mit ein.
Anders sieht es für kleine Oberflächen, produktnahe Flächen sowie Einschleuseprozesse aus. Hier kann mit sporiziden Tüchern Abhilfe geschaffen und den Anforderungen der PIC/S entsprochen werden.
Neben der Auswahl des geeigneten Wirkstoffes ist bei der sporiziden Desinfektion folgendes zu bedenken:
Schülke & Mayr AG
Hungerbüelstrasse 22
8500 Frauenfeld
1. “How do spores germinate?” A. Moir, First published: 05 April 2006 https://doi.org/10.1111/j.1365-2672.2006.02885.x .Anne Moir, Department of Molecular Biology and Biotechnology, Krebs Institute, University of Sheffield, Sheffield S10 2TN, UK.
2. “Long-term survival of bacterial spores in space” G.Horneck, H.Bücker, G.Reitz Volume 14, Issue 10, October 1994, Advances in Space Research Volume 14, Issue 10, October 1994, Pages 41-45
3. The Bacterial Spore: From Molecules to Systems, Adam Driks, Patrick Eichenberger First published:9 April 2016 Print ISBN:9781555816759 |Online ISBN:9781683670780 DOI:10.1128/9781555819323
4. EU GMP Annex 1 Revision: Manufacture of Sterile Medicinal Products (Draft) / EU Commission https://ec.europa.eu/health/medicinal_products/consultations/2020_sterile_medicinal_products_en
5. GUIDE TO GOOD MANUFACTURING PRACTICE FOR MEDICINAL PRODUCTS ANNEXES, PHARMACEUTICAL INSPECTION CONVENTION PHARMACEUTICAL INSPECTION CO-OPERATION SCHEME PE 009-14 (Annexes) 1 July 2018 PE 009-14 (Annexes) 1 July 2018 https://picscheme.org/docview/1946