Ein Abend im Zeichen der Hygiene und Infektionsprävention - Hygiene-Preis und Verleihung der Hygieia Medaille der Rudolf Schülke Stiftung
26.03.2024
In diesem Jahr wurden Herr PD Dr. rer. nat. Tilman E. Klassert, und Herr PD Dr. med. Rasmus Leistner sowie Frau Dr. med. Bärbel Christiansen ausgezeichnet.
Der Hygiene-Preis wurde 2024 geteilt: Auf die Arbeitsgruppe um PD Dr. rer. nat. Tilman E. Klassert aus dem Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung sowie die Arbeitsgruppe der Charité Berlin unter Leitung von PD Dr. med. Rasmus Leistner.
Sie erhielten den Preis für die Studien: Entstehung eines Krankenhausmikrobioms bzw. Umgebungsreinigung zur Vorbeugung von Krankenhausinfektionen.
Dr. med. Bärbel Christiansen wurde für ihr Lebenswerk auf dem Gebiet der Hygiene, insbesondere der Krankenhaushygiene und Desinfektion mit der Hygieia Medaille ausgezeichnet.
Die festliche Preisverleihung fand am 15. März 2024 im Anglo-German Club in Hamburg statt. Nach der feierlichen Eröffnungsrede des Vorsitzenden Herrn Prof. Dr. med. Martin Exner vom Universitätsklinikum Bonn und einer Rede von Jan-Dirk Auris, CEO der Schülke & Mayr GmbH, in der er die Wichtigkeit der Forschung auf dem Gebiet der Infektionsprävention betonte, wurde der renommierte Hygiene-Preis in diesem Jahr für zwei Arbeiten verliehen (ausführliche Informationen siehe unten):
Studie der Arbeitsgruppe PD Dr. rer. nat. Tilman E. Klassert1: Dynamik der bakteriellen Besiedlung und Verbreitung von Antibiotika-Resistenzgenen in der Krankenhausumgebung nach der ersten Patientenbelegung: eine metagenetische Längsschnittstudie.
Studie der Arbeitsgruppe PD Dr. med. Rasmus Leistner2: Umgebungsreinigung zur Vorbeugung von Krankenhausinfektionen auf Nicht-Intensivstationen: eine randomisierte, kontrollierte Crossover-Studie in einem Zentrum zum Vergleich von seifenbasierter, desinfizierender und probiotischer Reinigung.
Der Hygiene-Preis der Rudolf Schülke Stiftung zeichnet Personen aus, die mit ihren Arbeiten entscheidend zu Entwicklungen in der Infektionsprävention und zur öffentlichen Gesundheit beitragen. Vorstand und Beirat der Rudolf Schülke Stiftung würdigen die Leistungen der Mediziner:innen mit dem auf 15.000 Euro dotierten Preis.
Im Rahmen des diesjährigen Festaktes erhielt außerdem Frau Dr. med. Bärbel Christiansen aus Kiel die Hygieia Medaille. Mit dieser werden alle zwei Jahre Personen ausgezeichnet, die ihr Lebenswerk der Hygiene und Mikrobiologie gewidmet haben. Herr Prof. Dr. med. Martin Exner, Vorsitzender der Rudolf Schülke Stiftung hob in seiner Laudatio ihre Funktion als Vorsitzende der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) besonders hervor. Frau Dr. med. Bärbel Christiansen habe es insbesondere verstanden, die Mitglieder bei der Erstellung hochkomplexer Empfehlungen zu motivieren. Ihre Leitung der KRINKO sei “eine wahre Meisterleistung” gewesen.
Details zu den Studien
Die Studie von PD Dr. rer. nat. Tilman E. Klassert ist die erste internationale Studie, die sich in einem neu errichteten Krankenhaus sowohl mit der Entstehung des Krankenhausmikrobioms sowie mit der assoziierten Verbreitung von Antibiotika-Resistenz-Determinanten in der Umgebung einer Normalstation befasst.
Nach der Fertigstellung des neuen Bettenhochhauses der Charité entnahm die Arbeitsgruppe von PD Dr. rer. nat. Klassert über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten Oberflächenproben (Türklinken, Böden und Waschbecken) aus neun verschiedenen Krankenzimmern, bevor und nachdem diese erstmals von Patienten:innen belegt wurden. Insgesamt wurden 1.547 Proben von Oberflächen und Patienten:innen mittels Hochdurchsatz-Sequenziermethoden auf die Zusammensetzung des Mikrobioms und die Verbreitung von Antibiotika-Resistenzgenen in Krankenzimmern untersucht.
Diese Arbeit hat zum Ziel, ein tieferes Verständnis für die Struktur der bakteriellen Gemeinschaft in der Krankenhausumgebung zu gewinnen (Krankenhausmikrobiom). Dieses Verständnis ist von entscheidender Bedeutung, um nosokomiale Infektionen zu verhindern und die Verbreitung von Antibiotika-Resistenzgenen einzudämmen. Besonders bemerkenswert war dabei die Beobachtung einer hoch signifikanten Zunahme von Antibiotika-Resistenz-Determinanten auf den untersuchten Oberflächen der Krankenzimmer. Die Studie der Arbeitsgruppe bildete damit die Grundlage für weitere Studien im Rahmen des KARMIN-Projekts (Bundesministerium für Bildung und Forschung), die verschiedene Reinigungsstrategien zur Prävention nosokomialer Infektionen und zur Eindämmung von Antibiotika-Resistenzgenen untersuchen konnten. Eine der Studien aus dieser Serie (Klassert et al., 2022) wurde unmittelbar nach ihrer Veröffentlichung in eine Empfehlung der KRINKO (Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim RKI) aufgenommen.
Die Rudolf Schülke Stiftung würdigt die Studie auch, da sie als Ausgangspunkt für weitere Forschungsprojekte diente und das Verständnis des Mikrobioms als stabilen Bestandteil der Krankenhausumgebung und potenzielles Reservoir für Antibiotika- Resistenzgene geprägt hat.
Die Studie der Arbeitsgruppe PD Dr. med. Rasmus Leistner ist international die erste randomisierte, klinische Untersuchung (RCT) mit dem Fokus auf die Vermeidung von Krankenhausinfektionen durch tägliche Umgebungsreinigung auf Normalstationen. Zwei etablierte Reinigungsmittel (seifenbasiert und Desinfektion) wurden mit einer neuen Substanzgruppe, den probiotischen Reinigungsmitteln, verglichen. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass alle drei Reinigungsmittel bei der Vermeidung nosokomialer Infektionen auf Normalstationen in gleichem Maße wirksam sind.
Als Gegebenheiten der Studie und Voraussetzungen sah die Arbeitsgruppe ein vergleichbar niedriges Ausgangsniveau an nosokomialen Infektionen wie in Deutschland, eine Umgebungsreinigung mit hohem Standard (Vermeidung von Cross-Kontamination, Reinigung mit Microfasertüchern, hochqualitative Schulung des Personals) und eine sehr gute Händehygiene-Compliance.
Probiotische Reinigungsmittel sind bereits weltweit in der Infektionsprävention in Krankenhäusern im Einsatz und besitzen neben dem Infektionsschutz weitere Eigenschaften, die sie für das Gesundheitswesen interessant machen. Hervorzuheben ist die besondere Umweltverträglichkeit und der durch bakterielle Reinigungsmechanismen langanhaltende Reinigungseffekt, insbesondere auch auf Biofilm.
Die Rudolf Schülke Stiftung zeichnete die Studie aus, da sie einen Meilenstein für die Infektionsprävention in Krankenhäusern darstellt.
Über die Rudolf Schülke Stiftung
Aufgabe der Rudolf Schülke Stiftung ist die Förderung der Hygiene und Mikrobiologie mit dem Schwerpunkt der Prävention und Kontrolle übertragbarer Krankheiten. Hierzu gehören insbesondere die Entwicklung und Anwendung von Präventions- und Kontrollstrategien sowie von antimikrobiell bzw. antiviral wirksamen Stoffen und Verfahren zur Antiseptik, Desinfektion, Reinigung und deren Bedeutung für die Patientensicherheit. Ihr Ziel ist es, die interdisziplinäre Forschung zu unterstützen und die Zusammenarbeit mit Universitäten zu verstärken.
Alle zwei Jahre verleiht die Rudolf-Schülke-Stiftung die Hygieia-Medaille. Mit ihr werden Personen ausgezeichnet, die ihr Lebenswerk der Hygiene und Mikrobiologie gewidmet haben. Nähere Informationen zur Rudolf Schülke Stiftung, dem Hygiene-Preis sowie der Hygieia-Medaille finden Sie auf der Homepage der Stiftung.
1 Klassert TE, Leistner R, Zubiria-Barrera C, Stock M, López M, Neubert R, Driesch D, Gastmeier P, Slevogt H.Bacterial colonization dynamics and antibiotic resistance gene dissemination in the hospital environment after first patient occupancy: a longitudinal metagenetic study. Microbiome 9, 169 (2021). https://doi.org/10.1186/s40168-021-01109-7
2 Leistner R, Kohlmorgen B, Brodzinski A, Schwab F, Lemke E, Zakonsky G, Gastmeier P. Environmental cleaning to prevent hospital-acquired infections on non-intensive care units: a pragmatic, single-centre, cluster randomized controlled, crossover trial comparing soap-based, disinfection and probiotic cleaning. EClinicalMedicine. 2023 Apr 6;59:101958. doi: 10.1016/j.eclinm.2023.101958. PMID: 37089619; PMCID: PMC10113752.
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